Generell werden für Shared-Space-Konzepte viele Begriffe verwendet. Shared Space selbst ist zum Schlagwort geworden. Koexistenzzone, Begegnungszone, Mischverkehrszone und Berner Modell sind weitere Begriffe, die immer wieder verwendet werden. Bei den Begriffen handelt es sich teilweise um die Vermischung von straßenverkehrsrechtlich definierten Begriffen, Planungsphilosophien, Prozessen und planerischen Begriffen. Eine Übersicht ist der Versuch einer Erläuterung der einzelnen Begriffe.
Shared Space (planerischer Begriff)
Shared Space ist ein Lösungsansatz und wurde vom 2008 verstorbenen niederländischen Verkehrsingenieur Hans Monderman entwickelt. Der Name Shared Space wurde vom britischen Architekten Ben Hamilton- Baillie geprägt und erhielt als Teil des Interreg IIIB Projekts „North Sea“ eine breitere Aufmerksamkeit. Die Verbesserung der Sicherheit und die Reduktion der Anzahl von Unfällen waren die wesentlichen Prämissen von Hans Monderman. Erreicht hat er diese Ziele durch ungewöhnliche Maßnahmen, wie die Demontage von Ampeln, Verkehrsschildern, Verkehrsinseln sowie den Rückbau der Bordsteine und die Entfernung der Fahrbahnmarkierungen. Auf diese Weise gelang ihm eine 40%ige Geschwindigkeitsreduktion und damit einhergehend ein starker Rückgang bei Unfällen mit tödlichem Ausgang. „Wegen der fehlenden Schilder sahen die Autofahrer sich aufmerksam um, achteten besser auf die anderen und fuhren viel langsamer. Das gab den Fußgängern die Möglichkeit, sich freier zu bewegen und allen Raum wirklich zu nutzen.“
Berner Modell (prozessorientierte Planungsphilosophie)
Das Berner Modell ist eine Planungsphilosophie mit dem Grundsatz Koexistenz statt Dominanz. Sie wurde von Fritz Kobi, dem Leiter der Tiefbaudirektion des Kantons Bern seit den 1980er-Jahren entwickelt und basiert auf den drei verkehrspolitischen Grundsätzen Kfz-Verkehr vermeiden, Kfz-Verkehr verlagern und Verkehr verträglich abwickeln. Das Berner Modell geht in einem partizipativen Planungsprozess auf die Bedürfnisse und Wünsche aller beteiligten StraßenbenutzerInnen ein und definiert in diesem Ausmittlungsprozess ein jeweils individuelles Verkehrs-, Betriebs- und Gestaltungskonzept. Ein neues Rollenverständnis der PlanerInnen als PartnerInnen und ModeratorInnen ist neben der Wirkungskontrolle nach Realisierung eines Projektes fixer Bestandteil des Berner Modells. Die sichere Verkehrsabwicklung, das Geschwindigkeitsregime, die Anlieferung, die Parkflächen sowie die Straßenarchitektur werden für jedes Projekt individuell erarbeitet.
Koexistenzzone / Mischverkehrszone (planerischer Begriff)
Eine Koexistenz- oder Mischzone ist ein straßenverkehrsrechtlich definierter Begriff und in Österreich und der Schweiz als Tempo 30-Zonen gesetzlich verankert. Koexistenz in der Verkehrsplanung ist ein Ansatz, der davon ausgeht, dass sich FußgängerInnen und AutofahrerInnen in verträglichem Miteinander die Verkehrsflächen teilen. Ein angepasstes Geschwindigkeitsniveau des motorisierten Verkehrs ist dafür Voraussetzung. Die Einführung von Verkehrsberuhigungsmaßnahmen, wie neue Straßenraumgestaltungen oder die Einführung von Zonen mit Tempobeschränkung leistet dazu einen wichtigen Beitrag.
Begegnungszone (in Österreich und der Schweiz straßenverkehrsrechtlich definierter Begriff)
Die Begegnungszone ist in der Schweizer Signalisationsverordnung verankert und kennzeichnet Straßen in Wohn- oder Geschäftsbereichen, auf denen die FußgängerInnen und BenützerInnen von fahrzeugähnlichen Geräten die ganze Verkehrsfläche benützen dürfen. Sie sind gegenüber den FahrzeugführerInnen mit Ausnahme der Straßenbahn vortrittsberechtigt, dürfen jedoch die Fahrzeuge nicht unnötig behindern. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 20 km/h. Das Parkieren ist nur an den durch Signale oder Markierungen gekennzeichneten Stellen erlaubt. In Deutschland können Begegnungszonen als „verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche“ (Tempo 20) eingerichtet werden. Unterstützend sollte das in der Experimentierklausel §45 Abs. 1 Nr. 6 der StVO Deutschland zugelassene Verkehrszeichen „Begegnungszone“ aufgestellt werden. In Österreich ermöglicht die 25. Novelle der StVO 1960 seit dem 31. März 2013 die rechtliche Verordnung von Begegnungszonen.
Gemeinschaftsstraße (planerischer Begriff)
In Deutschland wird der Begriff „Gemeinschaftsstraße“ als deutscher Terminus statt Shared Space verwendet, ist jedoch eine eigene Klassifikation. Erste Gemeinschaftsstraßen wurden in Hamburg und Frankfurt errichtet. Die Signalisation erfolgt, wie bei den Begegnungszone als „verkehrsberuhigter Geschäftsbereich“ (Tempo 20).
2012 zum ersten Mal publiziert von bad architects group (Ursula Faix und Paul Burgstaller) in: SHARED-SPACE-KONZEPTE in Österreich, der Schweiz und Deutschland, herausgegeben vom Salzburger Institut für Raumordnung & Wohnen (SIR)